Von Kamienna Gora nach Jelenia Gora
Der Bober-Fluss verbindet die niederschlesischen Städtchen Kamienna Gora / Landeshut in Schlesien und Jelenia Gora / Hirschberg. Dazwischen liegt eine Region, die vor allem für seine historische Vergangenheit, die reizvollen Schlösser und die Nähe zum Riesengebirge bekannt ist. Radwanderer kommen hier nicht häufig vorbei. Obwohl es kaum eine aktivere Art gibt, das Hirschberger Tal zu bereisen, ist dieser Radweg noch ein Geheimtipp für Radwanderer. Aber seine Streckenführung ist alles andere als langweilig und führt mitten durch eine liebliche Landschaft. Jeder Blick ist hier wie ein Gemälde von Caspar David Friedrich.
Diese Strecke zwischen dem kleinen Industriestädtchen Kamienna Góra und dem pittoresken Jelenia Góra ist zwar nur 40 Kilometer lang, aber groß an Eindrücken. Das ist natürlich vor allem dem Hirschberger Tal zu verdanken, welches im Norden des Riesengebirges einen schönen Blick auf die sudetische Berglandschaft frei hält. Es ist aber auch die Vielfalt der Eindrücke, die einem auf so einer kurzen Distanz begegnen, die ein intensives Erleben dieser Region ermöglichen.
Alte Geschichten
Das alte Landeshut in Schlesien, heute Kamienna Gora, war früh schon eine Bergbau- und Industriemetropole. Das hat das Bild der Stadt bis heute geprägt. Immer noch wird in Kamienna Gora in Fabriken produziert und es ranken sich vor allem militärhistorische Mythen und Halbwahrheiten über das alte Stollen- und Tunnelgeflecht über, in und unter der Stadt. Egal, ob die Muntionsfabrik Antonowka, die unterirdischen Arado Flugzeugwerke mit ihrem legendären strahlgetriebenem Nur-Flügel-Bomber Konzept Arado E 555 für Langstreckeneinsätze oder die Gefechtsanlagen am Stadtberg. Die Industrialisierung und die jüngere Militärgeschichte begegnen einem in Kamienna Gora auf Schritt und Tritt. Selbst die aktuellen Ereignisse um einen angeblich entdeckten Nazi-Zug bei Walbrzych / Waldenburg gehen auf diese Geschichte zurück (Walbrzych und Kamienna Gora liegen kaum mehr als 20 Kilometer auseinander).
Typisch Flussradweg
Ganz folgerichtig verlässt der Bober-Radweg auch in der Nähe der Bahnschienen die Stadt Richtung Jelenia Góra. Dort an der Bahnlinie Kamienna Gora – Jelenia Gora muss man den Radweg auch suchen, denn die Beschilderung ist wie so oft in Städten, nicht durchgängig angebracht. Nach der Stadt führt der Radweg, wie es für einen Flussradweg typisch ist, in Flussnähe am Deich oder auf dem Deich entlang und verläuft überwiegend auf Kfz-Nebenstraßen. Dabei passiert der Bober-Radweg kleine Ortschaften am Fluss oder in Flussnähe. Ringsumher außerhalb des Flussbetts herrscht wilde Kulturlandschaft mit Weiden und Ackerflächen. In etwas Abstand zu diesen Äckern entfaltet sich dann eine typisch sudetische Berglandschaft aus einer kleinen und leicht geschwungenen Shilouette aus üppigen 500 und 600er Hügeln. Mit zunehmender Nähe zu Jelenia Góra ziehen sich diese Berge zurück und der Blick auf das Riesengebirge und die Schneekoppe wird frei. Die Wegeführung bleibt dabei immer in der Nähe zum Fluss.
Fabriken, Mühlen und Brücken
Entlang des Bobers haben sich in diesem Spannungsfeld zwischen den beiden dominierenden Städten Kamienna Gora und Jelenia Gora immer schon produzierende Gewerbe angesiedelt. So sind entlang des Weges alte Fabriken, verlassene Mühlen und historische Brücken zu sehen, was den Blick auch abseits des Weges von der reichhaltigen Natur aus Fluss und Landschaft immer wieder auf spannende und abwechslungsreiche technische Details lenkt.
Beiderseits des Flusses
Oftmals sind auf der Strecke zwischen Kamienna Gora und Jelenia Gora mehrere Wegevarianten beiderseits des Flusses möglich. Der Radweg verläuft auf den Dorfstraßen der Ortschaften, die abwechselnd den Fluss säumen. So wechselt auch der Radweg immer wieder die Flussseite, wobei es meist auch möglich ist, sich einfach für eine Seite des Bobers zu entscheiden und dort eine der Dorfdurchfahrten am Flussufer zu wählen. Brücken, die den Fluss queren, gibt es dafür auf dieser Strecke genug.
Jelenia Gora
Wie man in Kaminenna Gora die Stadt verlassen hat, so fährt man auch in Jelenia Gora entlang der Gleisanlagen in die Stadt hinein. Die Gleisanlagen und Fabriken sind hier deutlich größer geworden. Jelenia Gora ist die urbanste Stadt der Region. So verliert sich auch schnell wieder die Beschilderung zum ER 6 im Straßengeflecht. Doch den Wegweisern ins Stadtzentrum zu folgen genügt und ist der beste Weg, denn wer ohne die Altstadt mit Markt besucht zu haben Jelenia Gora wieder verlässt, hat diese Stadt nie richtig gesehen.
Am Stadtausgang
Um den richtigen Ausgang aus der Stadt mit Bober-Radweg zu finden, genügt es dann wieder, sich am Flusslauf zu orientieren. Der Bober fließt durch schöne Parkanlagen nordwestwärts aus der Stadt und gelangt schnell in ein tief ausgeschnittenes Tal. Ins zwielichtige Dickicht folgt ihm ohne Zögern der Bober-Radweg. Der Radfahrer, der hier dem Bober-Radweg weiter folgen möchte, sei gesagt, dass er hier mit dem Ende der Etappe Kamienna Gora – Jelenia Gora den angenehmsten Teil des Bober-Radwegs hinter sich lässt. Was nun folgt, ist der Grund, warum der Bober-Radweg unter Radwanderern bisher ein Geheimtipp geblieben ist und bisher nur den ganz Verwegenen vorenthalten war.
Roadreport: Bober-Radweg (ER 6 Route), 2. Teil – Die Abenteuer-Etappe
Streckeninfos zum Bober-Radweg Etappe Kamienna Gora – Jelenia Gora
Streckeninfos zum Bober-Radweg Etappe Jelenia Gora – Lwówek Słánki
Es gibt nur wenige Radkarten für Polen. Eine Gesamtübersichtskarte für Polen mitführen, ist immer sinnvoll. So wie diese hier.
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