Die verhältnismäßige Wildnis
Noch in schroffer Gestalt, bahnt sich die Neiße in natürlichen Mäandern ihren Weg durch die böhmischen Ausläufer, um sich erstmals im heutigen Grenzgebiet des Zittauer Dreiländerecks im Gefälle zu besänftigen.
Ihren weiteren Weg aus dem Zittauer Becken Richtung Norden nimmt sie durch ein idyllisches Tal, stets umgeben von sanften Hügellandschaften mit typisch schlesischer Anmut. Dabei zeugen ihr zügiges Fließverhalten und viele Wehre und Sohlschwellen im Flusslauf von einem noch stark ausgeprägten Gefälle im Mittellauf, was vereinzelte, oft rückgestaute, Abschnitte wegen ihres beschaulichen Charakters sonst schnell vergessen machen könnten.
Umtragen mit Kaffeeplausch
So klettert sie in grenznaher Idylle Stufe um Stufe die Lausitzer Höhen hinab, wobei wasserbauliche Maßnahmen dann zum Teil auch mit äußerst kniffligen Bedingungen für eine Umtragung aufwarten. An dieser Stelle sei erwähnt, Vorsicht am Altstadtwehr in Görlitz. Dort scheint eine sinnvolle Umtragung bei Niedrigwasser bisher nur über die Außenterrassen eines Cafes möglich zu sein (also unter Umständen die Öffnungszeiten und einen Kaffeeplausch in der Planung berücksichtigen). An anderer Stelle ist das Wiedereinsetzen nur inmitten eines ausgedehnten Strömungsschweifs möglich. Des Weiteren ist zu beachten, dass an einzelnen Staustufen gefährlich scharfkantige Metallspundwände eingesetzt wurden, was eine schadensfreie Befahrung zum Teil ausschließt (dann doch besser umtragen).
Hinter jeder Flussbiegung neue Aufgaben
Es gibt also viel zu tun, die Neisse hält hinter jeder Flussbiegung neue Aufgaben bereit. Doch mit der Durchfahrt durch die Region des Kloster Marienthals und die Passage des Fürst-Pückler-Parks bei Bad Muskau hält der Fluss aber auch zwei großartige Höhepunkte für den wagemutigen Paddler bereit.
Körpereinsatz und Improvisationsvermögen
Körperliche Entspannung macht die Flussrinne aber erst im zumeist eingedeichten Flachland – ab Guben ist der Lauf dann auch endgültig hindernisfrei – möglich, doch die gebotenen Naturschauplätze und Landschaften machen den gesamten Flusslauf für den Tourenpaddler zum Erlebnis, insbesondere wenn es etwas exklusiver sein darf. Das macht allerdings auch einen dementsprechenden körperlichen Einsatz und etwas Improvisationsvermögen nötig (genau überlegen was alles eingepackt und später zig Male geschleppt wird).
Für wahre Enthusiasten
Alternativ lassen sich die Strecken im Mittellauf auch als reizvolle Tagestouren gestalten. Der Oberlauf bis Zittau bleibt hingegen nur etwas für den wahren Enthusiasten, der für eine solche Befahrung zu Einigem bereit ist, wobei wenigstens das umständliche Genehmigungsverfahren bei den Grenzbehörden (einen Wassergrenzübergang gab es nie) seit dem Inkrafttreten des Schengener Abkommens weggefallen ist. Mit der Mündung in die Oder bei Ratzdorf (Km 542,4) bietet sich auch noch eine wunderbare Gelegenheit für eine Weiterfahrt auf der Oder, ein ideales Paddelrevier für den Liebhaber von Natur und mitteleuropäischen Flusslandschaften.
Hinweis: Es ist geplant, und wird teilweise auch bereits umgesetzt, entlang der Neiße an den Wehren und Wasserkraftwerken Umtragestellen (Stege, Treppen etc.) für Wasserwanderer einzurichten, um die Attraktivität der Lausitzer Neiße für den Wasserwandertourismus zu erhöhen. An einigen Stellen, wie in Bad Muskau, bei Pusack oder am Wasserkraftwerk Grießen fehlen solche Befestigungen noch, doch zwischen Rothenburg und Guben/Gubin sind in Sachsen, Brandenburg sowie auf polnischer Seite bereits in Mehrzahl solche Umtragestellen errichtet worden oder werden aktuell gebaut. Positiv fällt auch Forst auf, wo im städtischen Bereich der Mühlgraben für eine alternative Kanuroute durch die Stadt ausgebaut wurde.
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Weiterhin gibt es für Gesamtdeutschland das Deutsche Flusswanderbuch mit einem hilfreichen Kartenteil.
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Empfohlener Gewässeratlas mit detaillierten Kartenauschnitten für den Brandenburger Flussabschnitt:
[…] Zum Flussreport […]
2013 die Neisse ab Bad Muskau bis Ratzdorf mit dem Kanu befahren. Wunderbare Natur – ein lohnender Trip. Allerdings jede Menge unmöglicher Umtragestellen. Von den geplanten Umtragestellen (Stege, Treppen etc.) für Wasserwanderer ist noch nix zu sehen. Noch nicht mal Schilder sind dort.
Hallo Matthias, vielen Dank für die wertvolle Info!